Der »Blick über den Tellerrand« im April thematisierte die künstlerische Darstellung von Menschen im fortgeschrittenen Alter. Die Direktorin des Museums Pfalzgalerie Kaiserslautern, Dr. Britta E. Buhlmann beleuchtete in ihrem Vortrag »Physiognomien mit Geschichte« verschiedene Gemälde von alternden Menschen.
»Wer kennt diesen Mann?« Noch vor ihrem eigentlichen Vortrag stellte Buhlmann ihrem Publikum diese Frage. Auf der gezeigten Folie zu sehen, passend zur Vortragsreihe des Felix-Klein-Zentrums, eine Darstellung von Felix Klein. Das Gemälde von Max Liebermann entstand 1912, zu diesem Zeitpunkt war der bekannte Mathematiker bereits 62 Jahre alt. Damit gelang ihr ein vielversprechender Einstieg in einen gelungenen Vortrag.
Zwischen großer Auswahl und gut gewählten Beispielen
Die Kunsthistorikerin nahm ihre Zuhörer mit auf eine Reise durch die verschiedensten Altersdarstellungen in der Kunst. Sie führte anhand von zehn originell ausgewählten Beispiel-Bildern durch die unterschiedlichsten Epochen und zeigte die große Varianz der Kunst in Bezug auf dieses Thema. Neben einer Analyse der Kunstwerke selbst, lockerte die Referentin ihren Vortrag immer wieder durch zeitgenössische Anekdoten und Zitate auf.
Entwicklung künstlerischer Trends und Stile
»Im Prinzip ist altern erlaubt, aber nicht gern gesehen« – Mit diesem Satz von Dieter Hildebrandt stellte Buhlmann eine satirische und durchaus aktuelle These über das Altern in den Raum. Am besten ließ sich die Veränderung der künstlerischen Trends und Stilarten in Bezug auf die Darstellung des Alterns wohl anhand von Balthasar Denners Bild »Alte Frau« erkennen: Das naturalistische Gemälde zeichnet mit jeder einzelnen Falte »die Topographie eines Gesichtes«. Während das Gemälde 1702 noch als großes Kunstwerk galt in dem »Ordnung und Reinheit des Alters verbildlicht« wurden, stieß es im späten 18. Jahrhundert gerade wegen dieser naturalistischen Darstellung auf Ablehnung.
Kontext, Themen und Wahrnehmung des Alters
Die Darstellung alter Menschen in der Kunst geht mit einer Vielfalt an Themen und Motiven einher. Über Gier und Macht, Würde und Weisheit bis hin zur Lebenslust, spiegelt sich das Alter im unterschiedlichen Kontext wieder.
Bei der Analyse durch den Kunstkritiker stellt sich zudem die Frage: Schönt der Künstler das Alter oder stellt er es realistisch oder gar schonungslos dar? »Nicht selten gehen dabei Selbsteinschätzung des Portraitierten und die Fremdeinschätzung des Künstlers weit auseinander«, so Buhlmann. Die Referentin schloss ihren Vortrag mit einem passenden Zitat aus dem Tagebuch des Schriftstellers André Gide »Meine Seele ist so jung geblieben, dass es mir immerfort scheint, als sei der 70jährige, der ich zweifellos bin, eine Rolle die ich übernehme.«
Zur Referentin und zur Vortragsreihe »Blick über den Tellerrand«
Bereits seit 1994 leitet Buhlmann das Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern (mpk), wo sie unter anderem die Sanierung und den Museumsumbau begleitet hat. Sie hat zudem eine lebendige Museumspädagogik sowie ein vielfältiges Veranstaltungsprogramm im mpk etabliert und ist inzwischen eine bekannte Persönlichkeit in Kaiserslautern.
Einmal im Monat öffnet das ITWM die Türen für alle Interessierten und lädt beim »Blick über den Tellerrand« dazu ein, gemeinsam den Horizont zu erweitern. Die interdisziplinäre Vortragsreihe des Felix-Klein-Zentrums für Mathematik präsentiert unterschiedliche Referenten mit verschiedensten Themen. Jeder ist herzlich eingeladen zuzuhören und mitzudiskutieren. Der Eintritt ist frei.
Foto: Dr. Britta E. Buhlmann © Foto ITWM